Ein aktuelles Statement von Michael Pickhardt zu Konsequenzen der 3G-Abschaltung, zur Innovationskraft von 5G, zu Versäumnissen bei der Einführung des neuen Funk-Standards, zur Rolle der heimischen Wirtschaft in der Digitalisierung - und warum wir ein Digitalministerium brauchen.
Von 2G zu 5G - wofür stehen diese Abkürzungen eigentlich?
Eine Zahl und der Buchstabe G, dieses Kürzel geht auf die Geschichte unserer Funkstandards zurück, erläutert Michael Pickhardt: "2G steht für die 2. Generation des Mobilfunks - dieser Standard ist noch heute für normales Telefonieren und SMS vorgesehen. Es geht hier nicht um Datenübertragung." Anders verhält es sich mit 3G und 4G: "Bei der 3. und 4. Generation ist bereits Datenübertragung vorgesehen gewesen, bei 3G noch relativ langsam, bei 4G dank LTE (Long Term Evolution) schon richtig schnell!" Bei den jetzt kommenden Funk-Standards geht es jedoch nicht nur um die Schnelligkeit der Datenübertragung: "Mit 5G sind wir teilweise schneller. Aber diese 5. Generation der Funk-Standards bietet eine Vielzahl zusätzlicher Anwendungsmöglichkeiten, die bisher nicht möglich waren!"
Wenn 3G wegfällt - wird unser Netz dann schlechter?
Das Abschalten von 3G und der neue Standard 5G stehen im direkten Zusammenhang. Michael Pickhardt: "Der 5G-Ausbau kann nicht stattfinden, ohne 3G abzuschalten. Der Grund dafür ist technisch einfach zu erklären: 3G verwendet zum Teil ähnliche Frequenzen wie 5G. Wenn man 5G haben will, muss man dort also den Platz freimachen." Michael Pickhardt tritt entschieden einem Vorurteil entgegen, das sich hartnäckig in Social Media und Chat-Foren hält: "Wer glaubt, dass die Abschaltung von 3G dazu führt, dass sich die Netzabdeckung bei uns verschlechtern würde, liegt falsch. Das Gegenteil ist der Fall!"
Der neue 5G-Standard - welchen Vorteil haben wir davon?
5G ist ein Aufbruch in ein neues Funk-Standard-Zeitalter. Michael Pickhardt betont: "Der 5G-Standard mit seinen unterschiedlichen Frequenzbereichen bietet ein breites Spektrum an Datenübertragungs-Technologien und somit auch die Basis für verschiedenste neue Anwendungsbereiche. Genau dazu sollte man 5G auch benutzen!" Zu diesen Anwendungsbereichen zählen unter anderem Campus-Netze für große Industrieanlagen oder Messegelände. Zudem bietet 5G die Möglichkeit, eine sehr große Anzahl von Endgeräten mit niedriger Bandbreite anzubinden. Hierfür werden die niederen Frequenzen der 5G-Technologie benutzt. Michael Pickhardt: "Dies hat den Vorteil der hohen Durchdringung - oft sehr wichtig im Bereich des Internet of Things (IoT) oder auch Smart Metering. Denn auch der Stromzähler im Keller ist - trotz dicker Mauern - in Zukunft online im 5G-Netz. Die neue Technologie rückt auch Anwendungen wie autonomes Fahren oder Tele-Operationen in den Bereich des Machbaren, da wir jetzt extrem kurze Latenzzeiten, also Datenübertragung nahezu in Echtzeit haben. Und die sehr hohen Übertragungsraten im 5G-Netz sind nun eine echte Alternative zum herkömmlichen, terrestrisch gebundenen Internetanschluss."
Das neue 5G-Netz flächendeckend - welche Chancen wurden verpasst?
Um heute für den Nutzer ein flächendeckendes 5G-Netz zu erreichen, muss jeder 5G-Provider sein eigenes Netz ebenso flächendeckend ausbauen. Michael Pickhardt analysiert: "Besser wäre es gewesen, von Anfang an nationales Roaming von den einzelnen Providern einzufordern. Bei einem nationalen Roaming können sich Mobilfunkgeräte automatisch in das beste verfügbare Netz einwählen, das am jeweiligen Standort des Nutzers zu haben ist - ein technisches Szenario, das beispielsweise für dünner besiedelte Regionen von großem Interesse ist. Für den Nutzer hätte es dann gereicht, dass irgendein 5G-Netzbetreiber in seiner Gegend das Netz ausgebaut hat: Er wäre online." Hier fehlte offenbar die nötige Fachkompetenz auf politischer Ebene, wie Michael Pickhardt resümiert: "Technisch und kaufmännisch war nationales Roaming damals umsetzbar. Es ist bedauerlich, dass diese Chance vertan wurde." Ein Lichtblick von Seiten der 5G-Netzbetreiber ist hier das Angebot von SIM-Karten mit nationalem Roaming für den professionellen Bereich. "Diese Option, so wichtig diese ist, kann nicht darüber hinwegtäuschen, dass eine Gesamtlösung aller 5G-Beteiligten für alle Anschlüsse von Anfang an zu einer wesentlich besseren Ausgangssituation bei der 5G-Einführung geführt hätte", schränkt Michael Pickhardt ein und ergänzt: "Zudem fehlen die Milliarden, die die Provider bei der 5G-Versteigerung an den Staat gezahlt haben, jetzt für den Ausbau!"
Der Blick nach vorn - wie kann die Politik es in Zukunft besser machen?
Der Digitalexperte fordert, gerade auch im Hinblick auf die Einführung von 6G: "Wir brauchen mehr technologische und wirtschaftliche Fachkompetenz bei politischen Entscheidungen für unsere Welt, die längst eine digitale ist. Allein die Tatsache, dass Entscheidungen zu unserer digitalen Gegenwart und Zukunft aktuell auf mehrere Ministerien verteilt werden, verstärkt den Eindruck, dass Digitales offenbar als eine Art politische Nebenbeschäftigung verstanden wird. Wir benötigen dringend eine Bündelung der politischen Entscheidungskraft in einem übergeordneten Digitalministerium, das aber bitte das bisherige Durcheinander von Zuständigkeiten und Nicht-Zuständigkeiten umfassend ersetzt!" Und Michael Pickhardt pointiert: "Wenn Politiker glauben, digitale Lösungen - beispielsweise aus einem baltischen Staat - quasi Copy & Paste auf Deutschland zu übertragen, ist dies grundverkehrt. Wir übertragen ja auch nicht die Verkehrsinfrastruktur von Sylt auf Berlin. Gerade in der deutschen Wirtschaft - und gerade im Mittelstand - ist geballte digitale Fachkompetenz vorhanden. Die Politik muss nur endlich lernen, diese zu nutzen!"